Vancouver Island
Wir wandern den Juan de Fuca Trail und den West Coast Trail bevor es uns in das bergige Inselinnere verschlägt - inklusive einer abenteuerlichen Seeüberquerung.
Es ist mittags und die Sonne schafft es, selbst im dichten Urwald für schweißtreibende Temperaturen zu sorgen. Gerade sind wir von einem schmalen Pfad auf einen etwas breiteren Weg gestoßen und wir freuen uns, nun etwas schneller voran zu kommen. Als wir dem Weg um eine Biegung folgen, steht plötzlich 50m vor uns ein großes schwarzes Tier in der Sonne. Ein Schwarzbär! Hey, das ist unsere Chance! Sofort klappen wir geübt unser Opinels aus und laufen laut schreiend auf unser Opfer los!
Naja, nicht ganz. Ich will mal bei der Wahrheit bleiben, “keep it real” und so: An stellle der Opinels schnappen wir uns Steine und Keule und ziehen uns laut rufend rückwärts gehend zurück. Als wir ein zweites Mal um die Kurve schauen, wird der Bär neugierig und steht auf um uns besser sehen zu können. Erst eine halbe Stunde später scheint der Bär verschwunden zu sein und wir bringen die Stelle laut grölend hinter uns.
Nun wie hat es uns überhaupt dorthin verschlagen? Vor genau vier Tagen haben Mathis und ich uns in Vancouver, im Westen von Kanada am Pazifischen Ozean, getroffen und sind mit der Fähre nach Victoria auf Vancouver Island übergesetzt. Gestern haben wir trampend den Einstieg des “Juan de Fuca Trails” erreicht, der für 47 km der Westküste von Vancouver Island folgt. Etwa drei Tage brauchen wir für den Trail. Anschließend registrieren wir uns für den “West Coast Trail”. Die folgenden 75 km bringen wir in 6 Tagen hinter uns.
Nach dieser unglaublich beeindruckenden und schönen Zeit an der Westküste zieht es uns ins Inselinnere. Vom Ende des WCT geht es landeinwärts, genauer gesagt nach Port Alberni, wo wir uns mit Essen für die nächsten 2 Wochen und einem Kinderschlauchboot eindecken. Wir wollen nun die Delle Falls, mit 400 m einer der höchsten Wasserfälle Nordamerikas, sehen und anschließend noch ein paar Tage durch den alpinen Strathcona Park ziehen.
Um zu den Della Falls zu kommen, bedarf es der Überquerung eines 3 km breiten und 30 km langen Sees; wohlgemerkt der Länge nach. Weil der Kanuverleih nicht in unseren finanziellen Rahmen passte, haben wir das bunte Kinder-Schlauchboot mit einer Tragfähigkeit von 180 kg erstanden. Obwohl unsere Rucksäcke schon das gesamte Boot ausfüllten, können wir es uns ohne Wassereinbruch auf dem Boot recht gemütlich machen. In den ersten Stunden kommen wir erstaunlich gut voran, bis wir auf der Suche nach einem Lagerplatz in die Nähe von ein paar Inseln paddeln. Während zwi schen uns eine heftige Diskussion im Gange ist, treibt das Boot vom Wind getrieben weiter. Erst im letzten Augenblick sehe ich noch den Ast, der aus der schwarzen Tiefe des Sees bis kurz unter die Wasseroberfläche reicht und Sekunden später den Gummiboden aufschlitzt. Erstaunlicher Weise schafft es Mathis das Loch soweit zu zuhalten, dass uns gerade genug Luft bleibt eine größere Insel mit Steg zu erreichen. Dort sind gerade zufällig ein paar Leute auf Wochenendausflug, die uns in ihrem Motorboot netterweise die restlichen 20 km zum anderen Ende des Sees bringen. Nun ist es noch ein Tagesmarsch bis zu den imposanten Wasserfällen. Man kommt sich ein bisschen wie in Bruchtal vor.
Anschließend schlagen wir uns mühevoll querfeldein durch ein Tal bis auf einen Paß, von wo wir die Bergwelt mit ihren türkis-blauen Seen überblicken können. Nach einem Ruhetag an einem dieser Seen besteigen wir den 1800 m hohen Mt. Tom Taylor und wir müssen einsehen, dass wir uns mit unserer geplanten Route maßlos überschätzt haben. Am Ende laufen wir nur 1⁄3 der geplanten Strecke, sind aber trotzdem nicht unterfordert. Insgesamt waren die Tage in den Bergen wirklich beeindruckend und boten eine willkommen Abwechslung zu den Tagen an der Westküste. Nach einer 2-Tages Tour im Stein Valley” treffen wir uns schließlich in Kanadas “Hot Spot” Lytton bei 38°C mit der Sippe Felon.