Geschichten von draußen …

Skitour Urner Alpen

Die anspruchsvolle Durchquerung der abgelegenen Urner Alpen im Hochwinter – Eindrücke von einer abwechslungsreichen Skitour in einsamem Gelände.

Das Wetterchaos Anfang 2012 bescherte den Alpen Rekordschneehöhen. Als sich in der Schweiz die Lawinenlage bei 2 („mäßig“) eingependelt hat und das Wetter als halbwegs gut angekündigt ist, machen sich Christine, Friedjoff und Richard Ende Januar auf den Weg nach Göschenen am Gotthard.

Wir kommen am späten Nachmittag an. Da es von hier mit dem Auto nicht mehr weitergeht, schnallen wir auf etwa 1100m die Ski an und machen uns auf den Weg. Bald beginnt es zu schneien und als wir die Staumauer des Göscheneralpsees erreichen, ist es schon lange dunkel. Die Ränder sind nicht abgesenkt, seine Eisdecke liegt eben vor uns und macht einen zuverlässigen Eindruck. So entscheiden wir uns für den kurzen Weg über den See. Wir wollen den heiklen Anstieg zu Chelenalphütte ungern im Schneetreiben bei Nacht angehen, so entscheiden wir uns auf knapp 2000m im urigen Heuboden von Vorder Röti zu nächtigen.

Am nächsten Morgen scheint die Sonne und bald ziehen wir unsere Spur an der Chelenalphütte auf 2350m vorbei. Kurz nach dem Mittagessen passieren wir die Sustenlimi (3089m). Mittlerweile ist das Wetter wieder schlechter geworden und kurz vorm Gipfel des Sustenhorns stecken wir im peitschenden Schneesturm fest, sodass wir vernünftigerweise abbrechen, um nicht die Orientierung zu verlieren auf den Weiten des Steingletschers mit seinen Spalten. Bei Einbruch der Dunkelheit erreichen wir die Tierberglihütte (2795m), wo wir einen schönen Abend verbringen.

Der folgende Tag beginnt mit einer schönen Abfahrt auf dem Steigletscher an dessen Ende wir Christine verabschieden, die wieder arbeiten gehen muss. Friedjoff und Richard steigen wieder zu Tierberglihütte auf. Dort holen wir unsere Sachen und queren oberhalb des imposanten Gletscherbruchs hinauf zur Tierberglücke (2986m). Dahinter erwartet uns die schnurgerade Rinne des Tals Zwischen Tierbergen mit einer 1200 Höhenmeter-Abfahrt, die uns aufgrund wahnsinnig schweren Schnees einiges abverlangt. Unten am Ende des Triftgletschers essen wir Mittag, bevor wir im Nebel die steile Rinne zum Trifttälli in Angriff nehmen, während unter uns der Bach verdächtig rauscht. Irgendwann durchbrechen wir die Wolkendecke und erreichen die Sacklimi im letzten Licht. Nach einer kurzen Abfahrt mit Stirnlampen machen wir den fatalen Fehler, die Trifthütte am falschen Felsband zu suchen und steigen weit auf, bevor wir uns entscheiden wieder abzufahren und im nächsten Talkessel zu suchen. Mit Karte, Kompass und Höhenmesser kommen wir im dunklen Schneetreiben an die Grenzen und verfluchen uns, die wir kein GPS mitnehmen wollten. Wir hätten zwar das nötigste dabei für das Notbiwak in einer Schneehöhle, erreichen aber ziemlich erschöpft die wie eine Fata Morgana aus der Nacht auftauchenden Hütten, die hoffnungslos tief unter Wächten begraben sind. Wir machen uns am Haupthaus zu schaffen, nur um nach endlosem Graben festzustellen, dass die Tür abgeschlossen ist. Am höher gelegenen Nebenhaus haben wir dann Glück und fallen todmüde in den modernen, schönen Winterraum.

Der nächste Morgen bringt mäßige Sicht bei zermürbendem Gegenwind. Wir ziehen den sanft ansteigenden Triftgletscher hinauf und passieren nach etwa zwei Stunden die Undri Triftlimi (3081m), den „Schlechtwetterübergang“ auf den Rhonegletscher, angeblich bei diesem Wetter der einzige Ausweg von der Trifthütte. Die weißen Weiten des Rhonegletschers sind zu flach und der Schnee ist zu stumpf, alsdass wir richtig abfahren könnten – so üben wir uns bis Belvédère im Langlauf. Es folgt auf der eingeschneiten Passstraße der Gegenanstieg zum Furkapass. Auf der anderen Seite ist an Abfahren wieder nicht zu denken und wir müssen spuren. Das Wetter ist bescheiden und wir lassen uns einen neuen Wetterbericht schicken, der sich jedoch für den nächsten Tag ganz passabel anhört. Das führt zur Entscheidung, uns heute Nacht im Hotel Tiefenbach einzuquartieren. Der Wirt Hansruedi Tresch empfängt uns mit einem Bier, das selten so gut geschmeckt hat. Mit seinen Fachkenntnissen planen wir den nächsten Tag.

Nach einem phantastischen Frühstück ziehen wir bei schönstem Wetter mit einer kurzen Zwischenabfahrt unsere Spur zur Winterlücke (2854m) empor. Der steile Gipfelanstieg zu Fuß zum Lochberg (3074m) lässt unsere Bergsteigerherzen höher schlagen, bevor uns die phänomenale Aussicht auf einen großen Teil der Urner Runde erwartet. Als Krönung der Tour wedeln wir nun 1200 Höhenmeter unberührte Hänge zum Göscheneralpsee hinab, erklimmen die Staumauer und bewältigen die Fahrstraße. Während pünktlich zum Abschluss eine Schlechtwetterfront das Tal hinaufzieht erreichen wir glücklich Göschenen – Anfang und Ende unsere Tour.

Weitere Informationen liefert der Artikel Skitouren in den Urner Alpen aus dem DAV-Magazin Panorama Ausagbe 6 2010.

Fotos

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